Mobilisierung von Soldaten mittels Heroisierungsstrategien

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Medienaktionen
  • hochgeladen 30. Januar 2018

Mobilisierung von Soldaten mittels Heroisierungsstrategien
 
Bereits 3 Jahre nach Ausbruch des Krieges verzeichnete man auf beiden Seiten über 350.000 Tote, 300.000 Verwundete und ca. 90.000 Gefangene. Mit Blick auf diese erschreckenden Zahlen stellt sich die Frage, wie beide Regime weiterhin Kämpfer für diesen brutalen Kampf an der Front mobilisieren konnten.
 
 
Olmo Gölz: Tatsächlich ist dies genau der Punkt, von dem wir sagen können, hier zeigt uns das Heroische etwas, was uns andere Dinge nicht zeigen können. Es hilft uns nämlich, zu erklären, wie, warum und auf welcher Grundlage die Menschen eines Landes bereit sind, den Blutzoll zu zahlen, den sie zahlen müssen.
Auf iranischer Seite ist das recht evident, weil es schlichtweg erst einmal einfacher ist: Iran wird angegriffen. Mit anderen Worten: man führt einen Verteidigungskrieg. Das lässt sich diskursiv ganz leicht erklären. Es wird bis heute auch von der Defae Moghadas, also von der Heiligen Verteidigung in Iran gesprochen und von Jang-e Tahmili, also vom aufgezwungenen Krieg. Es ist weitaus leichter, für einen Verteidigungskrieg zu mobilisieren. Es wird jedoch kompliziert, wenn man aus dem Verteidigungskrieg einen Angriffskrieg macht und das ist ab 1981 der Fall. In dieser spezifischen Situation muss man natürlich andere Begrifflichkeiten verwenden als einfach nur zu sagen, 'wir brauchen dich, du musst dein Land verteidigen'.

 
Hier wird es dann auch interessant, weil das Heroische hinzukommt. Hier spielen, vor allem auf der iranischen Seite, dann vor allem religiös aufgeladene Diskurse eine große Rolle. Es ist so, dass auf irakischem Boden die Stadt Karbala liegt und etwa 60 Jahre nach der Prophetie des Propheten Mohammed ist sein Enkel Hussein mit einer Gruppe von Getreuen bei Karbala von der gegnerischen Übermacht niedergemetzelt worden. Das ist sozusagen der Gründungsmoment, indem das Schisma zwischen den Sunniten und Schiiten nicht mehr rückgängig zu machen ist. Es handelt sich somit hier um den Gründungsmoment der schiitischen Glaubenslehre des Islam. Karbale, dieser als heilig verstandene Ort, liegt auf irakischem Boden und daran anknüpfend wurden dann die Ansprachen an das iranische Volk gemacht. Es wurde gesagt, 'jetzt müssen wird Karbala einnehmen' oder 'der Weg führt über Karbala nach Jerusalem', das heißt also, hier finden erst einmal religiös aufgeladene Diskurse ihren Platz, die stark mit dem Heroischen im Zusammenhang stehen. Man opfert sich für seine Religion, bzw. man muss eben das machen, was Hussein, der Enkel des Propheten, im Jahre 680 gemacht hat. Er ist nämlich im Kampf gegen das Unrecht wohlwissend, dass er sterben wird, in die Schlacht gezogen und ist bis zum letzten Moment, so will es die schiitische Glaubenslehre, standhaft geblieben und unverzagt dem Tod entgegengetreten. Hier spielt also das heroische Vorbild der frühislamischen Geschichte eine große Rolle. 

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Referent/in: Olmo Gölz

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